Ernährung Magazin

Bauchorakel – Essen nach Intuition

November 17, 2019

Jeder kennt das große Dreieck, in dessen Basis frisches Obst und Gemüse und in der Spitze süße Schokolade abgebildet ist. Die Rede ist von der Ernährungspyramide, die keineswegs einen alten ägyptischen Schatz oder einen sagenumwobenen Pharao aufbewahrt, sondern die Regeln gesunder Ernährung. Doch was ist gesunde Ernährung überhaupt und wer legt das fest? Und ganz entscheidend: Was sagt unser Bauch dazu?

Essen nach Intuition – gibt’s da nicht nur Süßes?

Es gibt zahlreiche Ratgeber, Internetseiten und Apps, die helfen sollen, die Regeln bewusster Ernährung zu verinnerlichen. Dabei berücksichtigen sie nicht den Körper jedes einzelnen – wie soll das auch funktionieren? Studien zeigen, dass ein und dieselbe Speise verschieden auf den Stoffwechsel zweier Menschen wirken kann. Allein die individuelle Darmflora scheint Einfluss auf die Nährstoffverwertung zu nehmen. Der eine ist dünn, egal wie viel er isst, der andere kämpft mit den Pfunden. Die Gene spielen dabei natürlich auch eine Rolle. Nach dem Verzehr von Bratkartoffeln und Spiegeleiern steigt bei manchen Menschen rapide das Cholesterin und der Blutdruck, beim Tischnachbarn hingegen bleibt vielleicht alles im Lot.

Essregeln sind schwierig einzuhalten. Eine Zeit lang gelingt es sehr gut, sich danach zu richten, weniger Zucker und Fett, dafür mehr Eiweiß und Gemüse zu essen. Aber dann meldet sich der eigene Körper zu Wort und es kommt oft zu Heißhungerattacken. Nicht selten nagt dann das schlechte Gewissen an uns. Ernährungswissenschaftlerin Maike Ehrlichmann weiß, dass selbstbestimmtes Essen ein sicherer Weg zu einer gesunden Ernährungsweise ist und nicht eine lange Liste verbotener und erlaubter Lebensmittel. Personalisierte Ernährungskonzepte stehen somit auf dem Plan. Dabei muss man erst einmal herausfinden, was einem guttut und was nicht. Keine Angst: Der Körper verlangt nicht nur noch Süßigkeiten oder Fast Food! Wer beispielsweise gerne Süßigkeiten isst und sie immer griffbereit hat, kann sich fragen, ob der Schokoriegel oder Keks tatsächlich in dem Moment Genuss bereitet oder man eigentlich eher Hunger hat? Und wenn ja, worauf? „So erhält man ein individuell wirksames Instrument zur Lebensmittelauswahl, das allen Esstrends trotzt und die besten Ess-Entscheidungen ermöglicht“, erklärt Ehrlichmann.

Ihrer Erfahrung nach zahle es sich für denjenigen aus, der auf sein Bauchorakel höre. Man sei insgesamt zufriedener und habe mehr Spaß am Essen, weiß die Ernährungsberaterin. Essen nach Intuition ist mit etwas Übung und Geduld erlernbar.

Das Bauchorakel – Eine Übung

An sich weiß der Bauch, was ihm guttut. Deshalb die Augen schließen und die Hand auf den Bauch legen. Einmal kräftig einatmen, sodass sich die Hand hebt. Entspannt ausatmen und normal weiter atmen.

Dann sich die Frage stellen: Wie hungrig bin ich jetzt? Wie fühlt sich der Bauch an? Dann stellt Euch fiktiv vor, wie Ihr ein Stück Käsekuchen esst. Was sagt das Bauchorakel? Stellt Euch weiterhin vor, wie Ihr zwei Stück Käsekuchen esst! Was ist anders? Dann stellt Euch vor, Ihr esst ein Steak, dann eins mit Bratkartoffeln. Eine Tomate, einen Tomatensalat mit Zwiebel usw.

Bei jeder einzelnen Vorstellung meldet Euch der Körper aufgrund erlebter Ess-Erfahrungen, ob Euch das Essen guttun wird oder nicht. So lernt Ihr wieder, was Ihr wirklich braucht.

Für jeden von uns fühlt sich Essen anders an

Eine recht junge Wissenschaft beschreibt eine ganz neue Facette des Essens: die Wirksensorik. Dabei stehen weder Nährstoffe noch der Geschmack im Vordergrund, sondern die seelisch-leibliche Wirkung von verschiedenen Lebensmitteln. Was dem einen bekommt, kann jemand anderem richtig unangenehm sein. In vielen Kulturen wird die Ernährung nach unterschiedlichen Typen schon seit Jahrtausenden praktiziert. Etwa in Indien bei der Ayurveda-Ernährung, die die drei Energie-Typen Pita, Vata und Kapha berücksichtigt und danach den Verzehr von Speisen ausrichtet. Der Mensch weiß eigentlich, was er braucht, wenn man ihn lässt, beziehungsweise, wenn wir auf unser Bauchgefühl vertrauen.  

Buchtippp:

Maike Ehrlichmann:
Einfach ehrlich essen. Warum wir uns auf unseren Appetit verlassen sollten. S. Hirzel Verlag

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