Kolumne von Pilar Hammerl |
Unbequem auf dem Boden sitzen, die Beine verknoten und angestrengt versuchen, nichts zu denken? Ist das nicht nur was für New-Age-Philosophen und Spirituell-Abgehobene? Ich gebe zu, vor etwa einem Jahr habe ich ebenfalls eine recht festgefahrene Meinung zum Thema Meditation gehabt.
Starr hinsetzen und sich auf den Atem konzentrieren? Dafür fehlte mir schlichtweg die Zeit. Und entspannen lässt es sich doch auch bei einem Netflix-Abend mit den Liebsten auf der Couch. So dachte ich zumindest.
Mittlerweile stelle ich mir vielmehr die Frage: Wer meditiert heutzutage nicht mehr? Wo es doch so viel Gutes verspricht.
Wer anfängt, Meditation begreifen zu wollen, wird erst einmal von dem bunten Sammelsurium an Meinungen und verschiedenen Techniken erschlagen. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Im Kern geht es darum, seinem Verstand einfach mal eine Pause zu gönnen und sich auf das Hier und Jetzt, auf sich selbst, zu konzentrieren. Das zumindest war mein Ausgangspunkt.
Also saß ich da… barfuß in meiner Batik-Aladin-Hose, auf meinem kalten Wohnzimmerboden im Schneidersitz und lauschte den Klängen von sanftem Meeresrauschen. Neben mir glühten Räucherstäbchen vor sich hin und verstärkten das Funkeln der Kristalle, die ich ringsum ausgelegt hatte. Spaß beiseite. So kann es aussehen, muss es aber nicht. Aber damit wären wohl alle Klischees, die Esoterik- und Meditationsallergiker zu dem Thema in den Sinn kommen, abgedeckt. Okay, die Klangschalen hätten vielleicht noch gut ins Bild gepasst.
Aber wer mich kennt, weiß, Aladin-Hosen gehören nicht zu meinem Repertoire an Kleidung – heißen diese Hosen überhaupt so? – und auch die klassischen Räucherstäbchen riechen für mich alles andere als gut. Vielmehr saß ich da, konzentrierte mich auf meine Atmung und dachte an nichts … Für exakt drei Sekunden … Dann dachte ich an den Social-Media-Plan, den ich für ein Unternehmen erstellen sollte, an weitere Sportübungen, die ich in meine Fitnessroutine integrieren könnte und in dem Zuge an meinen Muskelkater, den ich selbst im Sitzen spürte. Sobald ich versuchte, meine Aufmerksamkeit wieder auf meine Atmung zu lenken, schoss mir der nächste Gedanke in den Sinn und ich fragte mich, was ich als Abendessen kochen könnte. Zu guter Letzt dachte ich an die Zeilen dieser Kolumne. Welcome to my mind. Denn Texte schreiben, während mein Arbeitsalltag das beste Beispiel dafür ist, wie schnell man sich von seinem eigentlichen Vorhaben ablenken lässt, ist gar nicht so einfach. Genauso wenig, wie das Vorhaben einfach mal nichts zu denken. Und ich habe wirklich an alles gedacht, nur nicht an „Nichts“.
Obwohl ich in der Theorie längst von den positiven Auswirkungen von Meditation überzeugt war, fand ich nach den ersten kläglich gescheiterten Meditationsversuchen immer wieder Wichtigeres zu tun. Hier noch eine E-Mail, da noch ein Telefonat … und zwischendurch saß ich an einem Artikel, dessen Deadline am nächsten Tag war. Je mehr meine Gedanken um die anstehenden Projekte kreisten, umso weniger Brauchbares fiel mir ein. Ich hatte alles, außer kreative Einfälle.
Ist es nicht häufig unser Verstand, der uns blockiert?
Während mich solche Situationen früher mit innerer Unruhe und Stress straften, weiß ich es heute besser. Zumindest meistens. Denn mittlerweile bin ich entspannter. Ob das an der Meditation liegt, lässt sich nur vermuten. Aber gerade dann, wenn ich mir selber mal wieder den maximalsten Druck aufgebaut habe, übe ich mich darin, einfach mal für einen kurzen Moment loszulassen und runterzufahren – auch wenn mein Verstand mich dabei immer wieder freundlich an meine To-dos erinnert. Aber ist es nicht häufig unser Verstand, der uns blockiert? Ich glaube, ja. Denn ihn einfach mal auf stumm zu schalten, wirkt häufig Wunder.
Es wäre gelogen zu behaupten, ich würde seit dieser Erkenntnis täglich meditieren und mich nach jeder Meditation anders oder besser fühlen. Aber wer am Ball bleibt, wird schnell merken, dass Meditation tatsächlich wie eine Art Neustart wirkt. Selbst der beste Computer muss von Zeit zu Zeit mal runtergefahren werden. Und nicht nur das: Meditation hilft mir unheimlich dabei, meine Intuition und meinen Fokus zu stärken. Sei es auf ein Projekt oder ein beliebiges anderes Ziel, das ich mir gesetzt habe.
Denn ich habe eine wichtige Sache über Meditation verstanden. Es geht bei Mediation nicht unbedingt darum, nichts zu denken. Sondern einen gewissen Abstand zu seinen Gedanken einzunehmen. Sobald man bewusst auf seine Gedanken achtet – was im Übrigen automatisch bei dem Versuch zu meditieren passiert – wird einem klar, wie selten sie um das „Hier und Jetzt“ kreisen. Viel zu oft geht es um zukünftige Ereignisse oder vergangene Situationen. Während wir uns als Kinder oftmals stundenlang mit uns selber beschäftigen konnten, halten die meisten Menschen heutzutage keine zehn Minuten mehr ohne Ablenkung aus. Und in Zeiten von ständiger Ablenkung, sollte sich wirklich jeder das bisschen Zeit für sich selber gönnen.
In diesem Sinne: Om …
Lesetipp: Stress aus. Kreativität an. Mit Meditation zu mehr Selbstbewusstsein und Gelassenheit
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